Sagen

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als der Ritterstand im jungen Herzogtum Österreich in höchster Blüte war, zählten die Herren von Kuenring, die im Waldviertel ihre Stammburg hatten, zu den reichsten und mächtigsten Adeligen des Landes. Trotzdem fanden sie es nicht unter ihrer Würde, ihren Reichtum auf Kosten des Bürger- und Bauernstandes räuberisch zu vermehren. Die Kuenringer Hadmar III., der auf Burg Aggstein saß, und sein Bruder Heinrich I. zu Weitra waren die größten Freibeuter in der Wachau. Sie nannten sich selber "die Hunde von Kuenring". Das ganze Land seufzte unter ihren Räubereien, selbst wehrhafte Städte mußten ihre Übergriffe dulden. Die Städte Stein und Krems wurden von ihnen im Jahre 1231 in Schutt und Asche gelegt. Der bequemste und schnellste Weg aus dem Westen nach Wien führte damals auf der Donau. In der Wachau aber hauste Hadmar von Kuenring und ließ sich nicht so leicht die Gelegenheit entgehen, durch raschen Zugriff die donauabwärts fahrenden Schiffe zu kapern und ihre Ladung als willkommene Beute auf seine Burg Aggstein zu führen. Zu diesem Zweck ließ er die Donau bei Aggstein durch eine eiserne Kette sperren und plünderte die angehaltenen Schiffe aus. Er nahm sich, was ihm gefiel oder brauchbar erschien, und die Kaufleute mußten froh sein, mit heiler Haut davonzukommen. Noch lange waren die Reste eines Wartturmes zwischen Schönbühel und Aggstein zu sehen, von dem aus der Wächter seinem Herrn das Herannahen von Schiffen durch ein Trompetensignal verkündete und das deshalb im Volk das "Blashaus" hieß. Dieser Zustand wurde auf die Dauer unerträglich und bewog Herzog Friedrich den Streitbaren, gegen die übermütigen Wegelagerer einzuschreiten. Er erstürmte Zwettl, wo sich Heinrich aufhielt, der aber zu seinem Bruder auf die Burg Aggstein flüchtete. Doch diese trotzige Feste spottete jedem Angriff. Daher beschloß der Herzog, mit Hilfe einer List dem Treiben der widersetzlichen Ritter ein Ende zu machen. Ein Wiener Kaufmann namens Rüdiger, den Hadmar schon etliche Male geschröpft hatte, begab sich im Einverständnis mit dem Herzog nach Regensburg, rüstete dort ein starkes, stattliches Schiff aus und belud es mit wertvoller Fracht. Unter Deck aber war eine Anzahl schwer bewaffneter Männer verborgen, die den Befehl hatten, den Kuenringer, wen er bei Aggstein auf das Schiff komme, zu überrumpeln und gefangenzunehmen. Alles ging nach dem ausgeheckten Plan vor sich. Das Schiff wurde bei Aggstein angehalten; die Kunde von der reichen Beute lockte Hadmar selbst herbei. Kaum aber war er an Bord gestiegen, stürzten die Kriegsknechte aus ihrem Versteck hervor und überwältigten ihn. Das Schiff stieß sogleich vom Land ab, während die Bogenschützen und Schleuderer die nachdrängenden Knappen des Ritters abwehrten. Im Triumph brachte man Hadmar nach Wien zu dem Herzog, die führerlose Burg aber wurde kurze Zeit darauf erstürmt und zerstört. Der Herzog verfuhr gnädig mit den beiden Herren von Kuenring. Leben und Freiheit wurden ihnen geschenkt, doch mußten sie das geraubte Gut herausgeben, den angerichteten Schaden wiedergutmachen und Geiseln stellen. Aber der Lebensmut Hadmars, des kühnen Beherrschers der Wachau, war gebrochen. Er starb wenige Jahre später auf einer Wallfahrt nach Passau in einem Dörflein an der oberen Donau. Quelle: Die schönsten Sagen aus Österreich, o. A., o. J., Seite 192

 

Die KuenringerRuine Aggstein

Kuenringer waren im Mittelalter ein Ministerialen- und Landherrengeschlecht.
Azzo, der aus Sachsen oder dem Rheinland (Trier) stammende Gründer der Familie, kam im 11. Jh. nach Ö.; um 1130/40 sind die K. in Kühnring (NÖ.) nachweisbar. Hadmar I. gründete 1138 das Kloster Zwettl.
Die K., in die Linien Weitra und Dürnstein gespalten, kolonisierten weite Teile des Waldviertels nördlich des Kamp. Als führende landesfürstliche Ministerialen erreichten sie im 13. Jh. den Höhepunkt ihrer Macht, standen an der Spitze einer Adelsfehde gegen den Babenberger Herzog Friedrich II. und waren maßgeblich an der Einsetzung Ottokars von Böhmen als Herzog beteiligt. Unter den Habsburgern verloren sie an Einfluss.
Im 16. Jh. wurden sie Protestanten, 1594 starben sie aus. Ihre Tradition wurde im Kloster Zwettl (Traditionscodex "Bärenhaut") bewahrt.

 

Die HUNDE von KUENRING

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als der Ritterstand im jungen Herzogtum Österreich in höchster Blüte war, zählten die Herren von Kuenring, die im Waldviertel ihre Stammburg hatten, zu den reichsten und mächtigsten Adeligen des Landes. Trotzdem fanden sie es nicht unter ihrer Würde, ihren Reichtum auf Kosten des Bürger- und Bauernstandes räuberisch zu vermehren.
Die Kuenringer Hadmar III., der auf Burg Aggstein saß, und sein Bruder Heinrich I. zu Weitra waren die größten Freibeuter in der Wachau. Sie nannten sich selber "die Hunde von Kuenring". Das ganze Land seufzte unter ihren Räubereien, selbst wehrhafte Städte mußten ihre Übergriffe dulden. Die Städte Stein und Krems wurden von ihnen im Jahre 1231 in Schutt und Asche gelegt.
Der bequemste und schnellste Weg aus dem Westen nach Wien führte damals auf der Donau. In der Wachau aber hauste Hadmar von Kuenring und ließ sich nicht so leicht die Gelegenheit entgehen, durch raschen Zugriff die donauabwärts fahrenden Schiffe zu kapern und ihre Ladung als willkommene Beute auf seine Burg Aggstein zu führen. Zu diesem Zweck ließ er die Donau bei Aggstein durch eine eiserne Kette sperren und plünderte die angehaltenen Schiffe aus. Er nahm sich, was ihm gefiel oder brauchbar erschien, und die Kaufleute mußten froh sein, mit heiler Haut davonzukommen. Noch lange waren die Reste eines Wartturmes zwischen Schönbühel und Aggstein zu sehen, von dem aus der Wächter seinem Herrn das Herannahen von Schiffen durch ein Trompetensignal verkündete und das deshalb im Volk das "Blashaus" hieß.
Dieser Zustand wurde auf die Dauer unerträglich und bewog Herzog Friedrich den Streitbaren, gegen die übermütigen Wegelagerer einzuschreiten. Er erstürmte Zwettl, wo sich Heinrich aufhielt, der aber zu seinem Bruder auf die Burg Aggstein flüchtete. Doch diese trotzige Feste spottete jedem Angriff. Daher beschloß der Herzog, mit Hilfe einer List dem Treiben der widersetzlichen Ritter ein Ende zu machen.
Ein Wiener Kaufmann namens Rüdiger, den Hadmar schon etliche Male geschröpft hatte, begab sich im Einverständnis mit dem Herzog nach Regensburg, rüstete dort ein starkes, stattliches Schiff aus und belud es mit wertvoller Fracht. Unter Deck aber war eine Anzahl schwer bewaffneter Männer verborgen, die den Befehl hatten, den Kuenringer, wen er bei Aggstein auf das Schiff komme, zu überrumpeln und gefangenzunehmen. Alles ging nach dem ausgeheckten Plan vor sich. Das Schiff wurde bei Aggstein angehalten; die Kunde von der reichen Beute lockte Hadmar selbst herbei. Kaum aber war er an Bord gestiegen, stürzten die Kriegsknechte aus ihrem Versteck hervor und überwältigten ihn. Das Schiff stieß sogleich vom Land ab, während die Bogenschützen und Schleuderer die nachdrängenden Knappen des Ritters abwehrten.
Im Triumph brachte man Hadmar nach Wien zu dem Herzog, die führerlose Burg aber wurde kurze Zeit darauf erstürmt und zerstört. Der Herzog verfuhr gnädig mit den beiden Herren von Kuenring. Leben und Freiheit wurden ihnen geschenkt, doch mußten sie das geraubte Gut herausgeben, den angerichteten Schaden wiedergutmachen und Geiseln stellen. Aber der Lebensmut Hadmars, des kühnen Beherrschers der Wachau, war gebrochen. Er starb wenige Jahre später auf einer Wallfahrt nach Passau in einem Dörflein an der oberen Donau.
Quelle: Die schönsten Sagen aus Österreich, o. A., o. J., Seite 192

 

Schreckenwalds Rosengärtlein auf Aggstein

Nachdem ruhmlosen Ende der Kuenringer und der Zerstörung Aggsteins durch Friedrich den Streitbaren blieb diese Feste fast zweihundert Jahre Ruine. Im Jahre 1429 gab Herzog Albrecht V. »das öde Haus«, wie Aggstein genannt wurde, »das einst von Untat wegen zerbrochen worden ist und also öde liegt« an seinen vertrauten Rat und Kammerherrn Georg Scheck vom Wald zu Lehen und ermächtigte ihn zum Wiederaufbau der Burg. In harter Frone schichteten die armen Untertanen des Ritters sieben Jahre lang Stein auf Stein, bis der Bau vollendet war und der Ewigkeit zu trotzen schien.
Der Ritter hatte sich auf dunkle Art in die Gunst des Herzogs zu setzen gewußt und war im Innern ein habgieriger, hochmütiger und grausamer Mann. Kaum hatte er die neue Burg bezogen, da zeigte er sich in seiner wahren Gestalt und hauste nicht minder schrecklich in der Wachau wie einst die »Hunde von Kuenring«. Er unterdrückte seine Untertanen und preßte das Volk aus, wo er nur konnte. Sein Mautrecht auf der Donau nütze er so schrankenlos aus, daß er die meisten vorüberfahrenden Schiffe gänzlich ausplünderte. Bald wurde er im ganzen Donautal nur mehr der »Schreckenwalder« genannt.
Seine Gefangenen hatten die furchtbarsten Qualen zu erdulden. An Stricken wurden sie über die schroffen Felsen hinausgehängt, um ein möglichst hohes Lösegeld von ihnen zu erpressen, oder man stieß sie durch eine kleine Pforte auf eine schmale Steinplatte hinaus, unter der die Felsen steil in die Tiefe abfielen. Hier hatte der Gefangene nur die Wahl, entweder elend zu verhungern oder durch einen Sprung in den schauerlichen Abgrund seinen Leiden ein schnelles Ende zu machen. Diesen kleinen Feldvorsprung nannte der grausame Ritter in rohem Scherz sein »Rosengärtlein«, und es war weit und breit berüchtigt und gefürchtet.
Viele Jahre hatte der Schreckenwalder sein schändliches Handwerk betrieben und durch Raub und Erpressung so viel Reichtümer angesammelt, daß er vier weitere Burgen im Umkreis an sich gebracht hatte, da führten ihm eines Tages seine Knechte einen jungen Gefangenen vor, der edler Herkunft schien, aber seinen Namen nicht verraten mochte. Auch er erlitt das Schicksal vieler Vorgänger und wurde in den grauenhaften Rosengarten hinausgestoßen, wo ihm die furchtbare Wahl seines Todes freistand. Aber der Jüngling war ein kühner und gewandter Springer und Kletterer. Mit scharfem Auge maß er die Tiefe des Sprunges, bemerkte Bäume in der Tiefe aufragen und sprang, seine Seele dem Herrn empfehlend, mutig in den schaurigen Schlund. Die Richtung des Sprunges hatte er so gewählt, daß er in eine dicke Baumkrone fiel, die er mit starker Hand erfaßte. Von hier glitt er leicht auf den Boden herab, wo die Gebeine der vor ihm Herabgestürzten und Zerschmetterten moderten und bleichten.
Jetzt war er gerettet, eilte ins Tal hinab und tat die Lage des furchtbaren Raubnestes kund. Er sammelte die Ritter und Reisigen der benachbarten Burgen uni sich, lauerte dem Schreckenwalder auf und nahm ihn gefangen. Der schändliche Strauchritter fand seine wohlverdiente Strafe und wurde enthauptet.
Die Burg verblieb im Besitz der Nachkommen des Ritters. Aber der letzte Schreckenwalder trieb es nicht besser als seine Vorfahren, sperrte die Donau mit einer Kette ab und raubte die Schiffe aus. Einmal nahm er einen Grafen gefangen, dem es aber gelang, mit Hilfe eines Junkers, des Sohnes der Herrin von Schwallenbach, seiner Haft zu entfliehen. Während der Graf nach Wien eilte, um dem Herzog die Schandtaten des Aggsteiners zu berichten, warf der Schreckenwalder den Junker ins Burgverlies und gab nach einiger Zeit seinen Knechten den Befehl, den Gefangenen über die Felsen des Rosengärtleins in die Tiefe zu stürzen. Schon hatte der Jüngling seinen letzten Gang angetreten, da klang leise von Schwallenbach herüber der Ton des Abendglöckleins durch die Luft. Andächtig lauschte der dem Tod Geweihte und bat seinen Henker, ihm so lange Zeit zu lassen, sein letztes Gebet zu verrichten, bis der letzte Glockenschlag in den Lüften verhallt sei. Unwillig gewährte es der Burgherr. Aber oh Wunder! Das Glöcklein hörte nicht auf zu tönen, freilich erweichte es das harte Herz des ruchlosen Schreckenwalders nicht. Fluchend über das andauernde Geläut, wollte er grimmig das Ende abwarten, um seine grausige Mordtat zu vollziehen.
Da erhob sich Lärm in der Burg. Die Mannen des Herzogs waren, geführt von dem Feldhauptmann Georg von Stain, vor der Feste angelangt, hatten sie umzingelt, und das Raubnest fiel in die Hände der Belagerer. So unterblieb durch das Wunder des Glöckleins von Schwallenbach der Mord an dem gefangenen Junker. Der Scheck verlor alle seine Güter und fand als Bettler sein Ende im Elend.
Der Rosengarten auf Aggstein aber lebt im Volksmund fort. Denn noch heute heißt es in der Wachau, wenn von einem Menschen die Rede ist, der aus höchster Not nur mit Leibes- und Lebensgefahr sich retten kann: Er sitzt in »Schreckenwalds Rosengärtlein«.